top of page

Wiedereingliederung durch Kreativität

  • Peter Ochsner
  • vor 5 Tagen
  • 3 Min. Lesezeit

Nach wie vor sind wir überzeugt, dass kreatives Schaffen im Kontext der Rehabilitation bemerkenswerte Wirkung entfalten kann. Voraussetzung dafür ist eine Geisteshaltung, die über die alltäglichen Denkmuster hinausgeht. Hier trennen sich die Wege des schöpferischen Geistes und der Alltagskreativität. Erstere zeigt sich bei anerkannten Genies oft in seelischer Zerrissenheit – eine Beobachtung, die sich in gewissem Maße auch auf unsere Studentinnen übertragen lässt, wenngleich dort der Eindruck weniger genial als vielmehr von Verletzung geprägt ist.

Wir fördern eine Form der Alltagskreativität, die nicht auf materiellen Gewinn abzielt, sondern auf Selbstverwirklichung und innere Heilung.


Seit geraumer Zeit nimmt in Gesprächen über Gefängnisreform die seelische Genesung der Inhaftierten grossen Anteil. Seelische Verletzungen zu verstehen spiegelt sich in unserem Kurs Creative Writing wider. Kreatives Schreiben kann ein kraftvolles Instrument sein, um persönliche Erfahrungen zu verarbeiten und neue Perspektiven zu gewinnen. Dabei greifen wir auf die Narrative Expositionstherapie (NET, Schauer, Neuner & Elbert) zurück – eine Methode, die den Teilnehmerinnen hilft, traumatische Erinnerungen zu ordnen und emotional zu bewältigen. Diese Fähigkeit wirkt sich spürbar positiv auf den Alltag der Inhaftierten aus.

Nicht selten hören wir Aussagen wie: „Wäre dieses Angebot, ermöglicht durch den Gönnerverein, nicht zu mir gelangt, hätte ich keinen Lebenswillen mehr gehabt.“ Uns ist bewusst, dass Worte nicht immer unmittelbar in Taten übergehen. Doch schon der Schritt, jemanden aus einem gedanklich dunklen Umfeld herauszuführen, ist ein Erfolg – einer, der ohne eure Unterstützung nicht möglich wäre.

Kreativität lebt von positiven Gedanken, genährt durch Persönlichkeit und Umfeld. Je stärker ein Mensch seine schöpferischen Kräfte entfaltet, desto weniger Raum bleibt für destruktive Gedanken.

Natürlich wissen wir, dass sich Kreativität nur schwer umfassend beschreiben lässt. Unsere Studentinnen begegnen diesem Phänomen jedoch immer wieder auf erstaunlich einfache Weise: Sie stellen sich der Realität, verweigern falsche Annahmen und üben, das Denken in positive Bahnen zu lenken – auch wenn die Umsetzung im Alltag oft nur eine Herausforderung bleibt. Doch immerhin: Unsere Frauen verbringen zunehmend mehr Zeit im „richtigen Bereich“ ihrer Gedankenwelt.

Zum Abschluss des Vereinsjahres möchten wir hervorheben, wie erfreulich sich das soziale Miteinander im Frauengefängnis entwickelt hat. Wir erleben eine spürbare Zunahme an gegenseitiger Freundlichkeit und Respekt. Wer ein freundliches Wort empfängt, gibt es meist weiter – ein kleiner Kreislauf der Menschlichkeit, der sich erstaunlich beständig selbst erhält. Besonders Neuzugänge bemerken diesen Wandel oft mit Überraschung – und Hoffnung.



Und gerade erfahren wir von einem damit erreichten Erfolg.


Oft sind es nur Kleinigkeiten, die zum Erfolg führen. Eine ehemalige Insassin tat sich schwer nach der Entlassung vor nahezu einem Jahr. Auch ihre Tochter hat es nicht leicht, war sie doch während der Gefangenschaft ihrer Mutter inmitten ihrer Ausbildung.Es war vor ungefähr vier Monaten. Die entlassene Frau besuchte unseren Projektleiter in Nairobi. Sie berichtete von Rückschlägen und beklagte sich über die Schwierigkeiten im Alltag. Sie erbat sich etwas Geld, um Selbständigkeit trotz allem zu verwirklichen. In einem kleinen Duka in Machakos begann sie, Getreide und Hülsenfrüchte zu verkaufen. Der langen Rede kurze Sinn. Ein Mann kaufte eines Tages Mais und Bohnen, man kam ins Gespräch und die einfachste Sache der Welt übernahm das Zepter. Sympathie.

Rückblickend dürfen wir von einem Erfolgserlebnis reden, woran ihr alle, liebe Freunde des Gönnervereins, anteilig seid. Nicht ohne Stolz schließen wir nunmehr die Akte einer Ehemaligen, legen ihn beiseite, wo er Staub ansammeln möge.

 


Nach wie vor bemühen wir uns, die gesammelten Erfahrungswerte umzusetzen. Dies nicht zuletzt, weil die zuständige Behörde unseren Einfluss bezüglich Wiedereingliederung und Gefängnisreform hoch einschätzt.

Dieses Vorgehen aber ist nur durch eure Unterstützung möglich, weshalb wir innigst um weitere Spenden bitten. Seid des Dankes der Namenlosen bewusst, denn:



ree





Das einzig wichtige im Leben sind die Spuren der Liebe,

die wir hinterlassen, wenn wir gehen.

Albert Schweizer


 
 
 
bottom of page