Umnachtet
Nachfolgende Erzählung stammt von einer langjährig Inhaftierten. Sie fürchtet sich vor der Realität des geschriebenen Wortes, noch mehr aber vor Weihnachten und der Erinnerung.
Umnachtet
Die Nächte sind jetzt klar. Mehrere Wochen hatten wir starke Regenfälle. Es hat nur genieselt, den ganzen Tag über und früh am Morgen wird dann dichter Nebel in den Bäumen und auf den Dächern des Frauengefängnisses Langata hängen. Lange bevor die Geräusche des Schlüssels durch die Eisentüre dringen werde ich an der Zellentüre stehen, um einen schnellen Blick zum Himmel zu bekommen.
Sie tröstet mich irgendwie, in der Nacht – die Vorstellung von Himmel, Mond und Sterne. Ich liebte das Wandern in der Nacht. Der gelbe Regenmantel, den ich hatte, hielt den Regen von mir fern, zusammen mit dem ebenfalls gelben Hut mit dieser Verlängerungen über meinen Nacken hinaus. Es war ein Geschenk von, ich weiss es nicht mehr. Die Stiefel waren nicht gelb - seltsam, ich erinnere mich nicht an die Farbe meiner Stiefel, grau, glaube ich, oder war es blau?
Bei starkem Regen durch die Nacht zu gehen, machte mich glücklich. Komisch, irgendwie glaube ich das immer noch. Aber zu wissen, dass der Regen mich nicht berühren konnte, da Regenmantel, Hut und Stiefel mir dieses gemütliche, behagliche Gefühl eingaben - das Gefühl des Weggehens, weg von der Strasse die mich ins Auge des Orkans bringen würde.
Ich war täglich draussen und genoss das Geräusch des fallenden Regens, das Quitschen meiner Stiefel und beeilte mich immer dem Sturms zu entkommen. Ich forcierte meine Schritte um dennoch unter dem explodierenden Himmel die Donnerblitze zu sehen, empfand diese Angst, leichte Panik sogar, wenn der Donner endlich über mich hinwegrollte, intensiv, kraftvoll, allmächtig.