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Nichts geht mehr (Fortsetzung)

Antoinette hat es geschafft. Sie kommt wieder zum Unterricht und sie lächelt, ein schwer verständliches Vorkommnis. Die junge Frau ist mit Bestimmtheit unschuldig und wurde zu lebenslänglich verurteilt.

Wir reden.

Auf meine Frage ob sie wirklich okay sei, antwortet sie nach einer kurzen Pause – ich werde es sein. Ihr Gesicht ist gezeichnet, es widerspiegelt die erkennende Gewissheit einer unaussprechlicher Tragik. Antoinette hat verstanden, hat kapiert wie das Leben, das ihrige funktioniert, versucht sich in dieser Dunkelheit zurechtzufinden.

Ich sehe sie auf eine Photographie anlässlich einer internen Veranstaltung, man feierte Peace Day 2017. Dies kurz vor dem Urteilsspruch.

„Kannst du klar denken?“ Frage ich.

„Selbstverständlich kann ich das, warum nicht?“

Ihr obere Lippe beginnt zu vibrieren. Ich darf sie eigntlich nicht berühren, tu es trotzdem.

„Antoinette, hör mir zu. Es gibt immer einen Ausweg.“

Meine Worte vermögen nichts. Ich gebe ihr Zeit, welche Ironie, davon hat sie jetzt genug, denke ich und frage mich, wie kann ein Mensch mit sowas fertig werden, mit ‚lebenslänglich’.

Draussen kämpft ihre Mutter gegen das Ungemach im Alltag - überleben. Das werden sie auch, Antoinette weiss das. Seit sie denken kann haben sie nichts anderes getan. Aber sie hatte Pläne - Ruhe für ihre Mutter und eine solide Ausbildung für ihre Geschwister.

Die Wärterin gibt mir ein Zeichen.

Genug jetzt.

Ich reiche Antoinette ein Papiertaschentuch. Sie versucht zu lächeln.

Jetzt können wir reden.

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