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Improvisieren

Heute war ein besonderer Tag. Ich musste improvisieren. Es ist dies eine afrikanische Besonderheit im Alltag. Ohne gute Einfälle für auflaufende Probleme kommt man hier nicht zurecht, da die Infrastruktur auch für einfachste Abläufe oft ungenügend ist.

Gestern hatten wir bis spät abends Stromausfall und auch keinen Zugang zum Internet. Ich konnte die heutige Lehrstunde nicht vorbereiten, konnte nicht drucken und letztendlich fehlte heute Morgen auch im Gefängnis der Strom. Der vom Goennerverein, durch Spenden erstandene Projektor, war nutzlos.

Besonders war der Tag auch, da ich von Margaret und Muthoni begleitet wurde. Beide helfen freiwillig. Margaret ist Journalistin, arbeitslos zurzeit, während Muthoni als Lehrerin Teilzeit jobt. Sie schreibt auch Kinderbücher. Beide waren äußerst skeptisch vor dem ersten Gang hinter das zweite Gate.

Die Situation war schnell akzeptiert und ich begann mit einer Diskussion über Idiome, allerdings ohne auf großes Interesse zu stossen. Es bildeten sich Gruppen und nun begann auch das intensive Diskutieren. Muthoni war in ein Gespräch über Charles Dickens vertieft und Margaret half Kamande einen Text zu editieren, während ich zusammen mit Gladys S. Freud zu verstehen versuchte. Sie liest gerade eines seiner Bücher.

Ab und zu wanderte mein Blick über die Gruppe, meine Ohren fingen Wortfetzen auf und sehr oft hörte ich das befreiende Lachen. Margaret und Muthoni haben mit Sicherheit den anfänglichen Respekt verloren, sie waren sich der einen Tatsache nicht mehr bewusst, dass fünf der heute anwesenden Frauen wegen Mordes einsitzen.

Während dem Zusammenpacken und dem gemeinsamen Verlassen des Schulungsraumes konnte ich mit grosser Befriedigung Heiterkeit miterleben. Dank einem Stromausfall gereichten die vergangenen drei Stunden zu lehrreichem Zusammensein und man kommentierte ausschliesslich positiv. Nur die uns begleitende Wärterin schien unzufrieden zu sein. Wenn ich mich nicht täuschte, zeigte sich sogar ein Schimmer von Eifersucht auf ihrem Gesicht. Sie musste ja nach Feierabend wieder hinaus in diese Welt!

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