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Mentale Kraft

Liebe Freunde, Auch die folgende Observation aus dem Gefängnis wollen wir euch nicht vorenthalten. Viel Spass beim Lesen

Mentale Kraft Heute Morgen auf dem Weg nach Langata erfasste mich eine differenzierte Erfahrung. Kurze Eindrücke aus der Umwelt bewegten mich um ein Vielfaches mehr als üblich. Jedes dahin gehende Gesicht vermittelte augenblickliche, schwer emotionale Insprationen. Ein arabisches Mädchen mit Kopftuch, das nur das Gesicht erlaubt, im Fond eines alten Mercedes, fragenden Augen, umgeben von braunem Teint. Eine Frau mit Baby auf dem Sozius eines Boda-Boda, gesteuert von einem Mann ohne Kenntnisse der Verkehrsregeln.

Der Mann mit dem ausgesprochen dunkeln und harten Gesicht eines Turkana schleudert mich zurück in die Zeit als die Menschen an einer Schnur von der Venus kommend erstmals unseren Planeten betraten. Gerade kommt eine Gefangene durch das Gate auf den Parkplatz, sehr ungewöhnlich, sie ist ohne Begleitung. Ich sitze im Auto, drinke Kaffee aus der Thermosflasche und esse heisse Mandazi dazu – mein zweites Frühstück. Sie trägt Flipflops in der rechten Hand und macht ein paar Schritte in meine Richtung. Das allmorgentliche Schruppen hinterlässt nassen Grund vor dem Gate. Barfuss geht die Frau über den feuchten Boden, legt ihre Slippers aufs Trockene und schlüpft hinein. Ihr Kopf dirigiert die Augen durch die Umgebung, sie suchen Anerkennung ihrer Überheblichkeit, eine ganz besondere Art von Hochmut, den sie gegeben durch die Gefangenschaft nicht ausleben kann. Ihr ganzer Stolz ist auf Slippers reduziert, die sie benutzt, um die afrikanische Freiheit zu beteuern. Selbstverständlich beachtet ausser mir niemand diese kurze Episode, ebenso ist ihr meine Anwesenheit nicht bewusst. Noch einen schnellen Rundblick wagt sie, bevor sie dem Befehl des Weitergehens gehorcht, aber auch diesmal schenkt ihr niemand Beachtung. Sie geht über den Parkplatz. Im Bewusstsein in sauberen Slippers einher zu gehen trägt sie ihren Kopf hoch. Meine Augen folgen ihr. Je weiter sie sich von mir entfernt, umso deutlicher erkenne ich das unsichtbare Stäbchen unter ihrer Nasenspitze. Es sitzt auf einer leichten Überhöhung am Kinn. Irgendwie vermag diese Erkennung meine Fröhlichkeit nicht zu betrüben. Diese Frau, eine Gefangene im Hochsicherheits Trakt biegt wie Bambus im Sturm, bricht aber nie. Die Grundlage des Überlebens. Sie ist meinen Augen entschwunden. Niemand bemüht die von ihr hinterlassenen Aura auf dem Parkplatz. Wie im Kaleidoskop rotiert die Begebenheit in meinem Kopf. Ich vermag den Ablauf zu regulieren, ich verlangsame die Rotation und deutlich erkenne ich ihren Stolz, ihre Demonstration von Freiheit mit nur einem Thema, Überleben. Ihre Freitheit lebt aus Eigenkraft, sie beeinflussst ihr Umfeld mit positiver Energie, nicht den Menschen direkt, sie hinterlässt Energie, die jederman aufnehmen kann, vorausgesetzt Freiheit ist verstanden als Weg dahin. Ich schliesse meine Augen und spüre die Hebelwirkung, weigere mich jedoch das Kraftfeld zu betreten Eine Frau vermag mentale Energie leicht zu hinterlassen oder aufzunehmen. Fundamentale Zusammenhänge aus diesem Bereich sind ausschlaggebend für das Überleben, nicht nur auf Lebewesen bezogen, aber für die gesamte uns bekannte Nische im Universum. Die anfängliche Energie, die erste Energie beinhaltet, erklärt die Logik unserer Anwesenheit. Diese Energie bestimmt unsere Art des Überlebens. Jedes Lebewesen interpretiert dieses Wort unterschiedlich, wobei die nahezu unendliche Vielfalt die Lebensfähigkeit erst ermöglicht. Auf die Aura über dem Parkplatz bezogen muss anerkannt werden, dass diese Frau einem inneren Drang, einer Logik, der Logik der ersten Ursache folgend, überleben will. Sie ist aber gefangen im Kreisdenken einer Schuld, die im übertragenen Sinn der ersten Ursache entspringt. Wir bekunden grosse Mühe mit dieser Logik, die die unsere nicht ist. Würden wir sie erkennen, gar verstehen, diese andere Logik, unsere Existenz wäre nicht möglich. Der gravierende Unterschied findet sich in der Ausführung. Wir Menschen sind einem andauernden Umbruch, der biologischen Evolution verfallen. Zellartiges Leben evoliert Ergo denken wir differentziert, unserer Logik folgend, wobei diejenige der ersten Ursache unveränderlich bleibt. Fixation. Was in ihr einmal gedacht ist, ist endgültig, kann nicht verändert werden. Worte wie wenn und aber, vielleicht und heute existieren dort nicht. Die unbewusste Logik der entschwundenen Frau ist nahe dran an diesem Zustand. Dem gegenüber vegitiert die Unlogik des Richters, nachlesbar auf zig Seiten, bezugslos auf die Ursache. Sie kümmert sich mit einer banalen Erklärung Man muss irgendwo eine Linie ziehen nicht um den Hergang. Eine Rechtfertigung, ein Schuldzugeständnis.

 
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